Onkel Afrika unterwegs in …

Ghana 2000

Eine Freundin absolvierte im Rahmen ihres Lehramtstudiums ein Auslandsjahr auf einer Grundschule in Kumasi, Ghana und die mussten wir natürlich besuchen!

Am Busbahnhof in Accra trafen wir zwei Pädagogen, die mit einer Gruppe problematischer Jugendlicher aus Bremen einen Afrikaaufenthalt durchführten. Die Jungs, die sich am wenigsten daneben benommen hatten, durften zur Belohnung an den Strand. Angeblich sei „Victoria Beach“ (gibt es leider heute nicht mehr) bei Takoradi sehr empfehlenswert und schwupps hatten wir unsere Reiseroute geändert. Victoria ist ein Energiebündel sondergleichen und sehr humorvoll. Ihre drei Zimmer waren von den Jugendlichen belegt, so dass wir unter einem Sonnenschutz aus Palmwedeln am Strand übernachteten.

Dann ging es zu dem Besuch nach Kumasi. Dort ist der Sitz des Asantehene (König der größten Volksgruppe, der Ashanti), und Kumasi hat einen der grössten Märkte in Afrika. Es ist sehr wuselig und laut dort, Tipp: das Arts Centre besuchen. Ein Besuch in einem Nationalpark durfte natürlich nicht fehlen und so fuhren wir in den Mole National Park. Die Autovermietungen in Ghana waren zu dem Zeitpunkt noch etwas rückständig und wollten uns kein Auto als Selbstfahrer vermieten, bzw. die Kosten waren astronomisch. Viel günstiger war die Miete mit Fahrer, das haben wir dann gemacht. Ich habe mich selten so geschämt, im Font sitzend mit einem einheimischen Chauffeur durch die Gegend zu fahren. Außerdem war Weihnachten, und der Fahrer ist die ganze Zeit in Mole geblieben, um uns dann wieder zurückzubringen. Seine Familie musste Weihnachten ohne ihn feiern. Schrecklich.

Da es uns bei Victoria so gut gefallen hatte, sind wir auf dem Rückweg nochmal dort vorbei. Ein Stammgast war Father Tawiah, Monsignor der Star of the Sea Cathedral. Was für ein Mensch! Er hat dort mit geringen Mitteln ein Waisenhaus und ein Buschkrankenhaus gebaut, das wir auch besuchten. Ich wollte schon immer mal eine afrikanische Trauung erleben. Kein Problem sagte Tawiah: Morgen früh um 05h00 Uhr in der Cathedral, da das frisch vermählte Ehepaar direkt danach wieder zur Arbeit musste. Wir haben uns ganz in die hinterste Ecke verkrümelt und die Zeremonie bestaunt. Ganz viel Musik, Tänze, alle hatten sich herausgeputzt und waren so fröhlich.

Highlights Ghana

Abends saßen wir bei Victoria auf der Veranda direkt am Palmenstrand. Father Tawiah kam regelmäßig mit seinem Fahrer vorbei und hat sich mit Victoria in der Küche ein oder zwei Whisky gegönnt. Irgendwie hat er mich immer an den Dalai Lama erinnert, immer strahlend, sehr humorvoll und mit einem einnehmenden Wesen. Seine „Schäfchen“ in der Gemeinde waren ihm das wichtigste, bei einem Pabstbesuch in Westafrika hat er sich gedrückt. „Fck the Pope“, wir haben hier viele Probleme und können kein Geld verschwenden für seinen Besuch.

Plötzlich hörten wir beim geselligen Abendessen in großer Runde einen Schuss. Der Nachtwächter hatte eine riesige Meeresschildkröte angeschossen. Sie lebte noch, konnte sich aber kaum noch bewegen. Wir haben sie erlöst. Ich habe mir den Ärmel hochgekrempelt und die restlichen Eier herausgeholt, die sie gerade vergraben wollte. Sie war so groß, dass mein ganzer Arm in ihr steckte. Es waren ein paar Dutzend Eier, hoffentlich haben wir sie in der richtigen Tiefe eingebuddelt und es gibt jetzt ein paar Nachkommen irgendwo im Atlantik, denen wir das Leben ermöglicht haben. Dem Nachtwächter wollte ich an die Gurgel, nachdem wir ihm das Gewehr abgenommen hatten. Am nächsten Tag kam die Polizei und der WWF: die Schildkröten sind geschützt und es gab Probleme für Victoria.

Wir saßen morgens wieder auf der Veranda, noch unter dem Einfluss der schrecklichen Erlebnisse der vergangenen Nacht. Aus dem Dorf kam eine lange Schlange Menschen, alle mit Eimern und Wannen bestückt. Die tote Schildkröte wurde zerteilt und die Dorfbewohner sangen und tanzten, sie hatten für ein paar Tage etwas zu essen. Hhm.

In Accra besuchten wir noch das „Akuma Village“, eine Art Künstlerdorf, auf einer Klippe oberhalb des Strandes gelegen. Tolle Atmosphäre mit sehr vielen Rastas, Trommelschule und viel Musik. Rund um die Uhr wabert der berühmte „süßliche Duft“ umher … Der „Obertrommler“ Ayi hatte schon an der New Yorker Met mit dem Pan African Orchestra gespielt und hat mir eine seiner Trommeln vermacht. Die hat jetzt einen Ehrenplatz in meinem Wohnzimmer. Meine ständigen, zugegebenermaßen selten Erfolg versprechenden, Geschäftsideen war hier natürlich, diese Djembe Trommeln nach Deutschland zu importieren. Sie werden hier für 500€ gehandelt, kosten aber direkt bei den Künstlern nur 50 US$. Das rechnet sich … Eine Nachfrage beim Zoll in Deutschland ergab, dass die Trommeln vielleicht durchkommen würden. Vielleicht aber auch nicht, da die Bespannung aus tierischen Produkten (Kuhhäute) bestehe. Das Risiko, einen Container voller unbrauchbaren Trommeln im Zollager stehen zu haben, wollte ich dann doch nicht eingehen. In dem Zusammenhang lernten wir jemanden kennen, der afrikanische Schnitzereien vertrieb. Ich hatte mich immer schon gewundert, dass sich die vielen Schnitzereien an den unzähligen Verkaufsständen und Märkten in Afrika immer so ähneln. Nun weiß ich: die sind in der Regel gar nicht individuell von der Verkäufern hergestellt, sondern werden industriell fabriziert. Wir haben eine solche Fabrik besucht und da saßen unzählige „Künstler“ in einer langen Reihe und schnitzten identisch aussehende Elefanten oder Giraffen.

Am Voltadelta wollten wir in eine Lodge, die im Lonely Planet empfohlen wurde. Als wir dort ankamen, mussten wir feststellen, das das ganze Camp beim letzten Hochwasser ins Meer gespült worden war. Wir haben dann nebenan im Cocoloko Beach Resort übernachtet und mit Rasta George eine Fahrt im Ruderboot im Delta gemacht. Er war völlig zugedröhnt, rudert wild durchs Delta und rief immer „We are going to Kingston, Jamaica!“

In Accra existiert die wahrscheinlich größte Flotte weisser Landcruiser mit blauem UN-Logo. Der Toyota Verkäufer, der die UN als Kunden betreut, hat wahrscheinlich mit seinen Provisionen ein gutes Auskommen. Alle Menschen, die wir kennenlernten in Ghana waren ganz besonders freundlich und gelassen. Wir fühlten uns sehr wohl. Wenn man jemanden kennenlernt, wird immer zuerst gefragt, an welchem Wochentag man geboren wurde. Das ist den Menschen in Ghana wichtig, ein Vorname weist auch gleich z. B. den „Monday-born“ aus, mit entsprechenden vermeintlichen Charaktereigenschaften. Der sehr schöne Küstenstreifen mit Millionen Palmen, mit traumhaften Stränden und es gibt sehr viel Kultur und Geschichte in Ghana. So auch alte Forts aus der Sklavenverschiffung, die hier stattfand, z. B. in Dick´s Cove sind sehenswert.

Fun Facts Ghana

  • Ghana war 1957 das erste Sub-Sahara-Land in Afrika, das seine Unabhängigkeit erklärte
  • Das Land gehört zu den größten Gold- und Kakao-Produzenten
  • Die Minibusse, die es überall in Afrika gibt, heißen hier Tro-Tro
  • Bierpreis: 19 Cedi / €1,12


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