Onkel Afrika unterwegs in …
Südafrika 1989 – 1992
„There shall never, never and never again be a situation in this wonderful country where one is oppressed by another“.
Nelson Mandela
Zu Zeiten von Präsident Botha angekommen, habe ich die ersten Schritte zur Abschaffung der Apartheid mitgekriegt. Ich werde den historischen Moment nicht vergessen, als ich auf dem Parkplatz eines Pizza-Take-Aways stand und im Radio die Ansage kam: „We interrupt this program for an important message by the President…“. Der neue Präsident De Klerk teilte der Bevölkerung mit, dass die Apartheid Gesetze jetzt nach und nach abgeschafft würden. Am 11. Februar 1990 wurde Nelson Mandela aus der Haft entlassen und das Verbot des ANC (African National Congress) aufgehoben. Ich hatte meinen „nicht-weißen“ Mitarbeitern freigegeben: „Das ist heute euer Tag!“ Zehntausende Südafrikaner bildeten einen endlosen Spalier vom Victor-Vester-Gefängnis in Paarl (nicht Robben Island!) über Stellenbosch nach Kapstadt und jubelten ihrem „Madiba“ zu.
Ich habe die meiste Zeit in Stellenbosch gelebt, der zweitältesten Stadt Südafrikas. Das Stadtbild ist sehr malerisch, großzügig, hübsche „Cape Dutch“ Architektur mit strahlend weißen, reedgedeckten Häusern. Überall stehen Eichen, die von den ersten holländischen Siedlern gepflanzt wurden. Stellenbosch heisst auch „Eikestad“, also Eichenstadt, und man gilt nur als echter Stellenboscher, wenn einem mal eine Eichel auf den Kopf gefallen ist. Interessant war der clash of cultures: Stellenbosch ist sehr afrikaans, also erzkonservativ und burisch. Die Universität dort hat ungefähr so viele Studenten wie Stellenbosch Einwohner hat und die Studenten sind größtenteils liberaler und weltoffener wie auch viele Zugereiste. Die Kapregion selbst ist wunderschön, von Gebirgen eingerahmte Weinberge, die dann zum Meer hin abflachen. Man findet tolle Strände: die etwas wärmeren im Osten an der False Bay und weiter Richtung Indischer Ozean, im Westen am Atlantik ist das Wasser durch den Benguela Strom aus der Antarktis ziemlich kühl. Kapstadt ist eine faszinierende und facettenreiche Metropole – ich habe die Zeit dort sehr genossen. Wir haben Reisen unternommen in der Kapregion, die Garden Route hoch, durchs Inland über Jo-burg und Pretoria Richtung Simbabwe und viele mehr.

Bald zeichnete sich ab, dass es Neuwahlen geben würde, die nur der ANC unter Mandela gewinnen konnte. Einige Kollegen und andere (weiße) Bürger Stellenboschs machten mir etwas Angst mit Ansagen, dass sie niemals eine mehrheitlich schwarze Regierung akzeptieren können. „My gun is loaded …“. Da auch mein Arbeitsumfeld im Lanzerac Hotel nach mehreren Eigentümerwechseln etwas durcheinander geraten war, schaute ich mir mal wieder die Stellenanzeigen an. Und schwupps: „Food and Beverage Manager für Edel-Lodge in Namibia gesucht“. Da steht mein Name drauf dachte ich und bin los zum abenteuerlichsten Vorstellungsgespräch. Morgens hatte ich noch im Hotel gearbeitet, dann unter einem Vorwand freigenommen und mit dem Moped zum Flughafen gerast. Mein Ticket lag bereit für den Flug nach Windhuk, wo ich ein Auto von Namib Sun Hotels übernahm, obwohl ich da noch gar nicht beschäftigt war. 550km zur Mokuti Lodge gefahren, direkt neben dem östlichen Tor zum Nationalpark Etosha gelegen. Mein Interview mit dem Hoteldirektor fand dann schließlich weit nach Mitternacht statt, am nächsten Morgen konnte ich mir bei Tageslicht das wunderschöne Hotel noch etwas genauer ansehen. Mit einem Angebot in der Tasche fuhr ich dann allein wieder nach Windhuk, gab das Auto zurück, krabbelte in den Flieger nach Kapstadt und war 24 Stunden später wieder bei der Arbeit. Einen Monat später ging es dann mit meinem uralten, völlig überladenen und ständig überhitzenden BMW 2500km weit Richtung Etosha, Namibia!
Als ich Südafrika verließ, hatte ich ernsthafte Sorgen, dass es zu Ausschreitungen oder sogar zu einem Bürgerkrieg kommen könnte. Viele rassistische Buren gingen mir gewaltig auf die Nerven und die Atmosphäre bei der Arbeit war eine klar abgegrenzte Zweiklassengesellschaft. Die „nicht-weißen“ Mitarbeiter fuhren ständig ihre kleine Privatrevolution und stellten sich unglaublich dämlich an. Mir war schnell klar, dass das alles nur Show war, wer legt schon dreimal nacheinander einen Blechlöffel in die gerade reparierte Mikrowelle um das Magnetron abzuschießen? „Sorry, Mister Ulf. I didn´t know …“. Irgendwie auch wieder cool.
Highlights Südafrika
Die große Überraschung traf mich dann bei meiner ersten Rückkehr im Urlaub 2005. Vom ersten bis zum letzten Tag perfekter, freundlicher und professioneller Service von den Stewardessen, über die Manager bei der Autovermietung und im Park Ranger Office bis zum Restaurantpersonal. Alles durch „previously disadvantaged persons“, wie es heutzutage politisch korrekt heisst! Abends an der Bar traf ich dann einen Paradeburen, afrikaans-sprechender riesiger Muskelprotz in Khaki-Shorts. Mit Tränen in den Augen erzählte er mir, wie stolz er sei auf sein Land und auf den gesellschaftlichen Wandel, den Nelson Mandela so friedlich hinbekommen hatte: „Reconciliation instead of Retaliation!“ Ich war baff.
Leider kann man einige Dutzend Millionen einheimischer Südafrikaner nicht innerhalb weniger Jahre auf dieselbe Stufe hieven auf der die Weißen leben. Angefangen bei Bildung, über Infrastruktur, Landverteilung bis zur Chancengleichheit bei Stellenbesetzungen ist das eine Mammutaufgabe. Natürlich sind viele enttäuscht von ihrem neuen Lebensstandard, und auch enttäuscht über die Qualität der Nachfolgeregierungen nach Mandelas Abschied. Die Kriminalitätsrate ist extrem hoch und geht über „Mundraub“ von hungrigen Jungs bis zu brutaler Bandenkriminalität, bewaffneten Überfällen, „Carjacking“ und Einbrüchen. Persönlich ist mir nie etwas ernsthaftes passiert, aber ständig hört und liest man von Vorfällen dieser Art.
Ich wünsche der „Rainbow Nation“ alles erdenklich Gute für die Zukunft.


Südafrika 2015
Große Wiedersehensfreude beim Besuch meines Freundes Glen in Pretoria. Glen und seine damalige Freundin Michelle waren „Studentenkellner“ in meinem Restaurant im Lanzerac Hotel in Stellenbosch. Nach einem ausgiebigen Braai (südafrikanisches Grillfest) ging es am nächsten Tag mit dem Mietwagen Richtung Krüger Park.
Meine Lieblingsunterkunft ist im Lower Sabie Camp, direkt am Fluss.

Tipp: Safari Bungalow – River View (LRVSB2), auf der Karte steht BD3U Zelt Nummer 17 oder 18. Du stehst morgens auf und setzt dich mit einem Kaffee auf die Veranda mit Blick direkt runter zum Fluss mit Blick auf viele Hippos, Elefanten, Seeadler und, und, und … Reservierung hier.
Sonnenaufgang am Lower Sabie

Lower Sabie Blick vom Zelt auf den Fluss

Leider scheint Sanparks Unternehmensberater zum Optimieren auf die Camps losgelassen zu haben. Mit dem Ergebnis, dass das früher sehr freundliche Personal nur noch missmutig durchs Camp schleicht, im Restaurant mit der fantastischen großen Veranda am Fluss kaum noch Service existiert und es nur noch abgepacktes convenient food gibt. Aber wahrscheinlich ist die Umsatzrendite jetzt besser.
Aber wir lassen uns die Laune nicht verderben. Man kann übrigens in den Bungalows selbst grillen und ein Kühlschrank fürs Bier ist auch da. Frühmorgens fahren wir zum game drive. Ein uns entgegenkommendes Auto hält an: „Did you see anything?“ „About 1,5 km down there are two lionesses with 5 cubs!“
Wow!! Eins der schönsten Safarierlebnisse. Wir konnten uns gar nicht satt sehen, aber irgendwann brachte die Löwenmama die Kleinen dann in Sicherheit und die Erwachsenen machten sich auf zur Jagd.
Im Krügerpark gibt es im Skukuza-Camp einen 9-Loch Golfplatz. Ohne Zaun. Der Marshall sagte: „Take the green golf car, it´s the fastest I´ve got!“ Man sollte versuchen, präzise zu spielen, Ballsuche im Gebüsch könnte abenteuerlich werden. Am neunten Loch geht es dann auch noch über einen kleinen See, dort haben Spieler mal ihren Ball aus dem Wasser holen wollen. Die Krokodile warteten schon.
Nach einigen Tagen ging es dann weiter Richtung St. Lucia am Indischen Ozean. Der kürzeste Weg ist duch Swaziland, jetzt Eswatini genannt. Da wir aus- und wieder eingereist sind, Stempel in unseren Pässen haben, gilt das somit als weiteres besuchtes Land auf der Liste … Genau wie die ehemaligen „Homelands“ Transkei und Ciskei und auch Sansibar: Stempel ist Stempel.
St. Lucia liegt im iSimangaliso Wetland Park. Der mächtige Indische Ozean mit wilder Brandung, großen Sumpfgebieten und einer Lagune. Jede Menge Hippos und Krokodile. Im Ort sollte man abends nicht spazierengehen, die Hippos sind überall und knabbern die Vorgärten leer. Wer schonmal vor einem ausgewachsenen Hippo stand, weiss: die sind so groß wie ein Kleinwagen. Die meisten tödlichen Begegnungen mit wilden Tieren in Afrika gehen auf deren Kosten, nicht auf Elefanten, Schlangen oder Löwen. Im Meer soll man dann auch noch auf Haie achten …

Für einen Tagesausflug sind wir dann noch in den Hluhluwe Nationalpark gefahren, mit vielen Rhino-Sichtungen. Die Rückfahrt nach Pretoria war anstrengend, über 600km, ca. 8 Stunden. Das kalte Bier bei Glen schmeckte dann umso besser!

Südafrika Fun Facts
- Khayelitsa am Rand von Kapstadt ist eine der größten Townships in Südafrika mit ca. 400.000 Einwohnern. Es heisst auf Xhosa: „Unsere neue Heimat“
- In Südafrika findet man das größte Säugetier (Elefant), das größte Reptil (Lederschildkröte), den größten Vogel (Strauß), die größte Antilope (Eland) und das schnellste Säugetier, den Gepard.
- Südafrika hat drei Hauptstädte: Pretoria (Exekutive), Bloemfontein (Judikative) und Kapstadt (Legislative).
- Das Nationaltier ist der Springbok, Namensgeber der erfolgreichen Rugby-Nationalmannschaft, den „Bokkies“. Unvergessen, als der aus dem Gefängnis entlassene Präsident Mandela bei der Rugby WM 1995 im eigenen Land im Bokkie-Trikot den weissen Spielern zujubelte und Südafrika im Finale nach Verlängerung die unschlagbaren All-Blacks aus Neuseeland bezwang. Verfilmt als „Invictus“ mit Morgan Freeman.
- Im Groote Schuur Hospital in Cape Town vollzog Dr. Christiaan Barnard 1967 die erste Herztransplantation.
- Südafrika hat elf Nationalsprachen: Afrikaans, English, Ndebele, Northern Sotho, Sotho, Swazi, Tswana, Tsonga, Venda, Xhosa und Zulu
- Das Buch „Verheissene Erde“ (The Covenant) von James Mitchener erklärt anhand fiktiver Personen aus den unterschiedlichen Gesellschaftsschichten die historische soziologische Entwicklung Südafrikas. Nach der Lektüre habe ich Südafrika besser verstanden.
- Bierpreis: 40ZAR, €2,08

„Nichts ist vergleichbar mit dem guten Gefühl an einen vertrauten Ort zurückzukehren und zu merken, wie sehr man sich verändert hat. (Nelson Mandela)“