Onkel Afrika unterwegs in …
Malawi 2003
Ein Freund aus München, der in Blantyre lebt und dort als Künstler arbeitet, hatte uns viel von Malawi erzählt, und wir hatten schon ein wenig eine mögliche Zukunft in diesem Land im Kopf, als wir diesen Trip planten. Die Reiseplanung war daher weniger touristisch orientiert, als eher an vorher vereinbarten Terminen mit Behörden, Banken usw. Da wir nur gut zwei Wochen Zeit hatten, konnten wir leider nicht mehr von Malawi sehen.
Im Web hatten wir bereits für die ersten Nächte das Kiboko Camp in Lilongwe gebucht (läuft inzwischen unter dem Namen Mabuya Camp). Pim und Marga führten das Camp und auch ein Safari Unternehmen, das Touren nach South Luangwa / Sambia anbietet. Als Aussteiger aus Holland sind die beiden nach einer Trans-Afrika Tour in Malawi gelandet und liessen sich hier nieder. Ein sehr nettes und hilfsbereites Paar! In Lilongwe hatten wir Termine mit dem Tourismus Ministerium, der Malawi Investment Promotion Agency usw. Der Ort hatte allerdings nicht einladend auf uns gewirkt, er wirkt sehr unübersichtlich und die Menschen schienen etwas angespannt und uncool. Es gibt Regionen, die man auf gar keinen Fall zu Fuß durchlaufen soll, überall sind Warnungen. Kurz: besonders wohl haben wir uns hier nicht gefühlt, auch wenn die Unterkunft in Kiboko angenehm war. Weiter mit dem Bus nach Blantyre, wo wir unseren Freund treffen wollten. Die ca. vierstündige Fahrt war sehr schön: tolle, grüne und hügelige Landschaft, etwas Bergpanorama im Hintergrund.
Da unser Freund sein Haus erst halb fertig gebaut hatte, sind wir im Doogles abgestiegen, wie wohl fast jeder Backpacker, der nach Blantyre kommt. Das allerdings ist schwer nachzuvollziehen, aber wohl auf den in der Gastronomie und Hotellerie oft bestaunten „In-Faktor“ zurückzuführen. Manche Läden sind halt „in“, und man geht hin weil alle hingehen. Auch entsprechende Referenzen in Reiseführern sind wie eine Gelddruckmaschine. Kurz: der Laden liegt neben einem Busbahnhof (auf dem ab 6 Uhr morgens in einem Höllenlärm Lautsprecherdurchsagen zu den Verbindungen gemacht werden), die Zufahrt gleicht einer Müllhalde mit entsprechender Geruchsbildung, die Bar ist bestenfalls als ganz nett zu bezeichnen und unser Zimmer war nicht den Preis von umgerechnet 18 Euro wert (trotz Internetwerbung für Preise von 12 Euro). Meine Reservierungsversuche per Mail blieben unbeantwortet (Zitat: „oh yeah, there was this mail, wasn’t it?“), das Zimmer war nicht gereinigt und im Restaurant und an der Bar gab es immer irgendwas nicht. Ich weiß, wir reden hier über Afrika,und ich gehöre mit Sicherheit nicht zu den Menschen, die irgendwo im Busch die Konsistenz ihres Frühstückeis bemäkeln. Im Doogles sind die o.g. Mängel aber schlichtweg auf schlechtes Management zurückzuführen. Wir haben uns (auch aus eigenem, beruflichen Interesse) die meisten Lodges und Hotels in Blantyre angesehen, und es gibt dort sicherlich einen Markt in der preislichen Mittelklasse, wir haben keinen ernstzunehmenden Wettbewerber entdeckt.
Highlights Malawi
EinTagestrip nach Mount Mulanje, und der Besuch des Dorfes eines der Kellner aus dem Doogles direkt unterhalb des Berges mit einem kleinen Marsch zu einigen Stromschnellen mit kleinen Pools voller frischem, klaren Bergwasser war sehr schön. Einen geplanten Trip in den Liwonde National Park habe wir gecancelt, nachdem uns erklärt wurde, dass es in Malawi kaum noch Wild gibt und jetzt nach der Regenzeit sowieso nichts zu sehen ist.
Während der Vorbereitungen auf diese Reise bekam ich Kontakt zu einem deutschstämmigen Paar, das ihre Lodge am Malawi-See verpachten bzw. verkaufen wollte. Kurz vor der Abreise bekam ich eine Mail von dem neuen Eigentümer, der anfragte, ob wir Interesse daran hätten die Lodge zu managen. Wir haben uns verabredet und sind von Blantyre nach Senga Bay gefahren, um die neuen Eigentümer und die beiden Deutschen persönlich zu treffen. Nach einer abenteurlichen Fahrt mit mehreren Reifenpannen kamen wir dann in der Baobab Lodge an. Schöne, saubere Zimmer, sehr nettes Personal und direkt am See gelegen. Leider waren wir so ziemlich die einzigen Gäste in der Region, so daß sich die Curio-Verticker ganz auf uns konzentrieren konnten. Wie auch im Lonely Planet beschrieben sind sie hier ziemlich hartnäckig. Das Treffen mit den neuen Eigentümern der Lodge in Senga hatte sich auch schnell erledigt, wir kamen nicht ins Geschäft.
Während unserer Zeit am See schlüpften gerade die für die Region bekannten Eintagsfliegen, was einmal jährlich passiert. Man sieht dann nur noch schwarze Riesenschwärme und am nächsten Morgen liegen überall Berge toter Fliegen. Ein Festessen für viele Reptilien und Fische. Die Menschen der nördlichen Region Malawis sammeln die Fliegen und backen daraus eine Art Kuchen. Proteinschock pur… Leider war es fast während der ganzen Reise ziemlich bewölkt oder diesig. Besonders die Tage am See waren sehr bewölkt, wir waren die einzigen Gäste dort und konnten die Zeit nicht so richtig geniessen, sehr schade. Dann zurück mit dem Bus nach Lilongwe, noch einen Tag im Kiboko Camp abgehangen und dann zurück in die Heimat.
Resümee: Nicht alles negativ, wir hatten wenig Zeit und haben einen Großteil auch noch mit geschäftlichen Dingen verbracht. Malawi ist landschaftlich sehenswert und die Menschen haben wir auch als freundlich empfunden, aber nicht so herzlich und locker wie beispielsweise in Simbabwe. Harare hat sicherlich eine wesentlich höhere Verbrechensrate als Lilongwe, trotzdem haben wir uns in Harare immer besser aufgehoben gefühlt. All diese Eindrücke haben uns von dem Gedanken abgebracht, womöglich nach Malawi auszuwandern.
Von den Hungersnöten, die überall beschrieben werden, haben wir nichts wirklich mitbekommen. Nach Gesprächen mit Entwicklungshelfern komme ich zu der Erkenntnis, daß hier unzählige NGO’s um einen Riesenhaufen Dollars buhlen, das sind weltweit so um die 200 Mrd Dollar jährlich, die verteilt werden. Und allein in Blantyre waren zu dem Zeitpunkt 50 NGO’s aktiv! Malawi ist ein sehr armes Land, nach unseren Massstäben gemessen. Aber kann man einen kleinen Bauern, der mit seiner Familie seit Generationen in einem kleinen Dorf irgendwo in-the-middle-of-nowhere lebt, mit westlichen Erwartungen und Standards vergleichen? Nach unserem subjektiven Eindruck ist Malawi vergleichbar mit anderen afrikanischen Ländern, die wir kennengelernt haben. Es gab immer schon bessere und schlechtere Ernten, Naturkatastrophen, Krankheiten usw. Ich will nicht mit europäischer Arroganz von unterschiedlichen Klassen reden. Natürlich ist jedem Menschen eine gute medizinische Versorgung, Schulen und alles andere zu wünschen. Auf der anderen Seite werden den Ländern in der Region (Malawi, Mozambique, Sambia…) auf Grund der erklärten Ernährungssituation als Hungerhilfe gentechnisch versauter Mais aus Ami-Land angedreht. Jeder weiß, dass Mais das Hauptnahrungsmittel ist und mit dem veränderten Saatgut (natürlich wird der Mais nicht ausschließlich verwertet, sondern auch neu ausgesät) vermischen sich die Arten und ein Land kann seinen Mais nicht mehr als rein natürliches Produkt auf dem Weltmarkt anbieten. Und für den Import z.B. in die EU ist das eine Voraussetzung.
Nachtrag: DOCH!! Es gab Highlights auf dieser Reise, dank Ethiopian Airlines! Mit dieser never-again-airline ging wirklich alles schief. Unsere Reservierung für den Hinflug wurde gecancelt, was wir aber erst nach der Rückkehr erfuhren. Unser Reisebüro hatte vor Abreise sicherheitshalber noch mal die Reservierung gecheckt und herausgefunden, dass wir gestrichen waren. Nach Rückfrage stellte sich heraus, dass Ethiopian Airlines ein anderes Buchungssystem fahren als alle anderen. Bei den Buchungsnummern haben sie eine Leerstelle eingefügt, die unsere Reservierung nicht hatte.
Ca. zwei Stunden nach der geplanten Abflugzeit in Frankfurt kam dann unser Flieger aus Addis Abeba. Schnell etwas gereinigt, getankt und wieder zurück. Mit entsprechender Verspätung in Addis angekommen stellten wir fest, dass unser Anschlussflug nach Lilongwe gecancelt war. Wie sich später herausstellte, stand das aber schon fest, als wir in Frankfurt abflogen. Nach stundenlangem Diskussionen am Flughafen ins Hotel: Zimmer nicht gereinigt, nur ein benutztes Handtuch und wir hatten (eigene Schuld!) unsere Toilettenartikel im Rucksack, der am Flughafen lag. Zum Glück konnten wir sowieso kaum schlafen, da neben unserem Hotelfenster ein Muezzin die ganze Nacht für das Morgengebet übte. Morgens zurück zum Flughafen, angeblich sollte uns ein Flieger mittags auf dem Weg nach Lusaka in Lilongwe absetzen.
Mit Verspätung sind wir dann auch los, die Maschine wurde vor unseren Augen auf dem Rollfeld noch mit einem Handwagenheber aufgebockt, um ein Rad zu wechseln. Und das während der Betankung und Beladung, alles gleichzeitig. Unterwegs konnte man dann vernehmen, dass der Käptn versuchte, den Passagieren etwas mitzuteilen. Da aber das PA-System nicht funktionierte (wie auch die Klospülung, die Leselampen, die Lüftung usw.), glaubte ich irgendwas von Lusaka gehört zu haben. Nach Rückfrage bei der Stewardess, ob wir jetzt nach Lusaka oder nach Lilongwe fliegen, sie selbst erst nachfragen musste, stand dann fest, dass wir nun auch noch einen kleinen Abstecher nach Lusaka, Sambia machen würden. Irgendwann kamen wir dann tatsächlich in Malawi an und es stand an der Sperre tatsächlich der Fahrer mit einem Schild mit unserem Namen drauf.
Der Rückflug gestaltete sich dann noch abenteuerlicher: Flug nach Addis gecancelt und nach stundenlanger Warterei am Flughafen sind wir nach Lusaka geflogen. Kannten wir ja schon. Dort entschied die Crew, dass sie nun genug hätten für den Tag und wir doch über Nacht hier bleiben könnten. Übernachtung im Hotel (diesmal allerdings super), am nächsten Tag Richtung Addis. Vor Abflug stellte man fest, dass für das Catering nicht gesorgt war. Also ist die Crew in die Stadt, um uns mit Fast Food und ein paar Getränken für den Flug zu versorgen. Wir bekamen dann auch irgendwann Styroporboxen mit kaltem fried chicken. Nach der üblichen Wartezeit in Addis kam der Flieger aus Delhi, der uns nach Frankfurt bringen sollte. Mit ca. 30 Stunden Verspätung kamen wir dann auch unversehrt in Deutschland an.
In unserer Gruppe waren zwei afrikanische Delegierte, die auf dem Weg zu einer Konferenz in Berlin waren. Thema: „Zuverlässigkeit afrikanischer Fluglinien“ … Jedenfalls hatten wir viel Spaß zusammen.
Malawi Fun Facts
- Der Name „Malawi“ stammt aus dem Maravi-Königreich, das es im 16. Jahrhundert gab. „Malawi“ bedeutet „Feuerflammen“, inspiriert von der Reflexion der aufgehenden Sonne auf den Gewässern des Malawisees.
- Der Malawi-See heisst auf Englisch „Lake Nyasa“. Die englischen Kolonialherren fragten die Einheimischen, wie der See hieße: „Nyasa“ war die Antwort. Nyasa bedeutet allerdings „Lake“, somit heißt der See jetzt „See See“. Wenn ich die See seh, mag ich kein Meer mehr …
- Armutsniveau: Malawi ist das viertärmste Land in Afrika, mit über 40% der Bevölkerung, die von weniger als 1 Dollar pro Tag lebt. Es hat auch eine der höchsten Raten von AIDS-Waisen in Afrika.
- Der Malawisee hat mit geschätzten 1.000 Arten die größte Fischvielfalt aller Seen weltweit.
- Teeproduktion: Malawi war das erste afrikanische Land, das kommerziell Tee anbaute. Die Geschichte stammt aus dem Jahr 1886, als Samen aus dem Botanischen Garten von Edinburgh in der Church of Scotland Mission in Blantyre gepflanzt wurden.
- Bierpreis: 2.000 Kwacha / €1,05
